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"Fit bleiben für Veränderungen"

Interview über Humor, den Erfolg als Kabarettist und flache Debatten

Was reizt dich am Kabarett, Klaus-Ulrich?

 

Die Zuspitzung von Dingen. Im Kabarett kannst du nicht groß rumreden, du musst einen Sachverhalt auf den Punkt bringen, sonst entsteht kein Gag. Dass Deutschland ein absolutes Entwicklungsland ist in Sachen Digitalisierung, geissele ich nicht mit scharfen Worten, sondern stelle lieber den neuen Bildatlas von Alexander Dobrindt vor "Die schönsten 100 000 Orte in Deutschland ohne Internet" - das Publikum ist klug genug und weiß genau, was gemeint ist.

 

Hast du einen bestimmten Stil?

 

Der pädagogische Zeigerfinger ist mir fremd, auch flache Witze unterhalb der Gürtellinie kommen in meinem Programm nicht vor. Ich versuche, die schweren Dinge leicht daherkommen zu lassen. Über die Flüchtlingspolitik kann man viel schimpfen. Ich mutiere lieber in die Figur des Büsumer Krabbenfischers Hein Holsack, der sich mit zwei Flaschen Eierlikör darauf vorbereitet, zu Weihnachten Flüchtlinge einzuladen. ("Schließlich hatten die ja lange nix mehr zu trinken"). 

 

Wie würdest du deine Art Humor beschreiben?

 

Subtil, anspruchsvoll. Er entsteht aus den Gegensätzen, aus der Kombination von Dingen, die gar nicht zusammengehören, aus der Gegenperspektive - wenn ich etwa nachweise, dass der Kunde nie - wie oft behauptet - an erster Stelle steht, sondern ganz hinten, weil er den ganzen Schmodder, den wir produzieren, kaufen muss und wenn ich als Beispiel die zu einem Maschinengewehr umgebaute "Toilet Brush Gun" demonstriere, weiß jeder, was gemeint ist. Und wenn nicht, soll er nachdenken - oder es sich von seinem Nachbarn erklären lassen..---))

 

Ist das nicht doch Gesellschaftskritik?

 

Aber natürlich. Mir ist nur wichtig, dass jeder all das, was wir so täglich erleben, mal auf den Prüfstand stellt: Stimmt das, was man uns da jeden Tag unterjubelt oder behauptet? ich versuche, den Menschen geistig frisch zu halten für Veränderungen - das ist ein ganz großes Ziel. Veränderung fällt uns soooo schwer. Wir träumen immer und machen doch immer das Gleiche, jahrein, jahraus, immer die gleiche Routine, immer dieselben Abläufe. Die Zahnbürste legen wir tausendmal immer am gleichen Platz ab nach dem Zähneputzen. Und wenn wir mal was anders machen, etwa beim Abendessen vorher jeden ein Gedicht aufsagen lassen, werden wir vom Partner sozial diszipliniert: "Was isn mit dir los? Kommt Kinder, fangt an..."

 

Gilt das auch für Unternehmen?

 

Ganz besonders sogar. Wahre Geschichte: Ein Unternehmer hatte seinen Mitarbeitern ein großes Change-Programm verordnet, rumtata und hopsasa, große Sache - und am nächsten Morgen kommt der Unternehmer zur genau gleichen Zeit wie immer in die Firma, parkt seinen Wagen exakt an der gleichen Stelle wie in den letzten zehn Jahren - und die Sekretärin bringt ihm - wie in den letzten zehn Jahren - als erstes einen Kaffee. Und dann wundert der Mann sich, dass die Mitarbeiter nicht mitziehen bei den angeordneten Veränderungen.

 

Hast du Schauspielunterricht genommen für deine Bühnenauftritte?

 

Nein, noch nicht. Aber ich arbeite seit drei Jahren in mehreren Rednerclubs und bei Kabarett-Workshops an der Bühnen-Performance. Da kann man das sehr schön proben: Wie reagiert ein Publikum? Wann zieht es mit? Wann fühlt es sich beleidigt? Da lernt man auch, szenisch zu agieren, Rollen zu spielen und Imitationen, Marcel Reich-Ranicki, Jogi Löw oder Willy Brandt. Jogi Löw ist wunderbar mit dieser Zisch-Sprache, die gar keinen Kehlkopf braucht. Daraus entwickelt sich die Frage, ob, wenn Jogi spricht, überhaupt etwas gebraucht wird von ihm. So einen Gedanken musst du dann natürlich wirken lassen. Selbst wenn das Publikum den Gedanken nicht hundertprozentig versteht, merkt es: Das war jetzt etwas ganz Wichtiges und lacht oder applaudiert. Es muss, das hatte ich überschätzt, nicht jeden Gedanken wirklich verstehen. Die Anmutung des Tiefsinns reicht völlig aus.

 

Wer ist dein Vorbild?

 

In meinem Programm sage ich ja ausdrücklich: Halte dich von Vorbildern fern, werde lieber selber eins. Ich habe größten Respekt vor Künstlern, die ein Thema erkennen und es gut durchstrukturieren und sich nicht mit flachen Witzen oder einfachem Protestgejaule begnügen. In den Chor der vermeintlichen Mehrheitsmeinung oder den eines vermeintlich linken Protests einzustimmen, das reizt mich nicht. Es ist eher langweilig. Erst in der Widersprüchlichkeit eines Problems liegt die wirklich Satire. Und die muss der Kabarettist herausarbeiten. Ich bewundere alle, die ein 2-Stunden-Programm aus dem Kopf memorieren können - ich habe selber erfahren, wie mordsanstrengend das ist. Ich lerne von allen großen Kabarettisten, die auf den Bühnen unterwegs sind oder waren.

 

Wo trittst du am liebsten auf?

 

Das Programm "KANT reloaded - nichts wird mehr wie morgen sein" eignet sich ideal für die klassische Kleinkunstbühne mit bis zu 100 Besuchern. Oder aber auch für Führungskräftetagungen, KeyNotes aller Art. Wichtig ist, dass das Publikum innerlich auf Satire eingestellt ist. Ich hatte auch schon Auftritte, da war ich zwischen sechs Rednern eingequetscht, die mit ganz trockenen Themen und hochseriös daherkamen. Bis das Publikum gemerkt hat, dass das bei mir jetzt Satire ist, war die Rede fast schon vorbei.

 

Warum hast du gerade KANT als Titel für dein Programm gewählt?

 

Kant spielt eine wichtige Rolle in einer meiner früheren satirischen Kolumnen, die ich für das Wirtschaftsmagazin brandeins geschrieben habe. Dabei geht es um Transparenz und ich weise nach, dass wir gar keine Transparenz wollen, wiel sie viel zu anstrengend ist. Da lass ich Kant dann weinen, weil er sich Aufklärung, also Transparenz, sicher anders vorgestellt hat als sie etwa heute die Telefongesellschaften praktizieren: Da ist sooo viel Transparenz auf der Webseite, dass ich letztlich gar nix mehr finde...

 

 

 

 

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